Der Sippen-Ovoo hoch über dem Schwarzen See | Open Hearts for Mongolia

Der Sippen-Ovoo hoch über dem Schwarzen See

Der Familien-Ovoo von Galsan Tschinags Familie sollte auf Geheiss der Ahnengeister neu aufgeschichtet und hergerichtet werden. Mit kleinen Transportern wurden Steinplatten zum Ovoo gebracht. Viele helfende Hände haben gearbeitet und gewirkt.
Lesen Sie hier alles über die Bedeutung eines Ovoos für die Nomaden und die Zeromonien und die Feier.

Neuer Ovoo nach dem Plan der Ahnengeister im Juni 2021 erschaffen
Rundumblick auf der Hochebene wo der Ovoo steht



Wer durch die Steppe, Täler und Berge der Mongolei fährt, kommt immer wieder an mehr oder weniger grossen «Steinhaufen» vorbei, die mit farbigen Hadaks (Gebetstücher) oder Stofffetzen, die als Wunschtücher gelten, geschmückt sind. Kein Mongole fährt an einem Ovoo vorbei, alle halten an und umrunden ihn drei Mal, dabei legen sie drei kleine Steine auf den Haufen und murmeln ein leises Gebet.

Was ist ein Ovoo und was ist die Bedeutung eines Ovoos für die Nomaden?


Im Frühjahr haben die Menschen mit Steinen oder Ästen Haufen an bestimmen Stellen aufgeschichtet, um den Weg, den Ort, die Grenze oder sogar eine mögliche Gefahr zu markieren.

Die frühzeitlichen Menschen haben auf das Holz Striche oder Bilder gemalt und daraus entstand die Schrift und aus dem Steinhaufen der Ovoo. Ovoo bedeutet Haufen.

Später haben die Schamanen an den Stellen, wo sie den Kontakt mit den Geistern des Ortes  herstellten, einen Ovoo erstellt. Ausserdem glauben sie, dass Berge, Flüsse, Pflanzen,Tiere, Wälder, also alles in der Natur, einen Besitzer oder Eigner hat und diese leben in Ovoos.

Wer sich mit und in der Natur unangemessen verhält, der erzürnt dessen Besitzer oder Eigner und dadurch entstehen Naturkatastrophen wie der Dsud, das Sterben von Vieh und Tieren und Krankheiten kommen über das Land. Daher haben die Menschen an erhöhten Stellen Ovoos eingerichtet und die Auslese ihrer Gaben wie Milchprodukte, gekochtes Fleisch, Milchschnaps usw. wurden dort geopfert, um in der Obhut der Geister in Frieden und in Glück leben zu können. Heute werden in der Mongolei 10 grosse Ovoos über das Land verteilt alle 4 Jahre staatlich geehrt.    

Viele Sippen oder Familien pflegen auch einen Familien-Ovoo. So wie die Sippe von Galsan Tschinag. Hoch über dem heiligen Schwarzen See der Tuwiner im Kharagana-Tal steht ein prächtiger Ovoo, der sehr bedeutend für die Tuwa Nomaden ist. Jeder, ob Mann, Frau oder Kind sollte mindestens einmal im Jahr dorthin gehen, seinen Kopf vor den Ahnengeistern verneigen und ein Dankesgebet sprechen.

Der Neuaufbau und die Zeromonien

Dieser Ovoo wurde vom Grossvater von Galsan Tschinag auf Geheiss einer Schamanin errichtet. Der ehrwürdige Daamal hatte fünf eigene Kinder und adoptierte 20 Waisenkinder, für die er sorgte. Der Grossvater mit Namen Hylban war bekannt für seine Grosszügigkeit und viele Menschen bekamen von ihm Rat und Unterstützung. Deshalb bekam er den Namen Daamal, was so viel wie «Häuptling» heisst. Als Hylban eines Tages vom weiten Ritt müde wurde, stieg er vom Pferd ab und legte sich auf die Steppenerde um sich auszuruhen. Im Traum sah er viele Kinder mit einem grünen Deel, die um ihn herumtantzen, sangen und spielten. Als er diesen Traum seiner Schamanin erzählte, forderte sie ihn auf, an dieser Stelle einen Ovoo zu errichten und etwas weiter unten am Berg bei einem grossen weissen Stein ein grosses Fest für die Bevölkerung auszurichten. Der Traum hatte bedeutet, dass seine Sippe und sein Volk noch grösser werden wird und dies eine heilige Stätte für die Menschen werden soll. Dieser Ovoo wird bis zum heutigen Tag gehegt und gepflegt und von den Tuwa Nomaden verehrt.

Es musste der 13. Juni sein für die grosse Ovoo Einweihung nach dem Herrichten und Aufschichten der Steine, das sagte der Mondkalender und die Geister der Schamanen. Das Volk kam und hat nach den Vorgaben der Schamanen und der Ahnengeister den Ovoo noch viel grösser und ehrenhafter gestaltet.

Galsan Tschinag und Sohn Galtai konnten wegen Corona-Richtlinien die Stadt UB nicht verlassen und so mussten sie alles aus der Ferne organisieren, instruieren und begleiten. Die Tuwa Schamanin Bambar wirkte als Botschafterin vor Ort und leitete die Rituale und der Neffe von Galsan, Enkhbayar war um die Organisation besorgt. Die beiden wirkten stellvertretend für Galsan und Galtai, waren deren verlängerter Arm und Geist.

Der Ovoo bekam die Form einer Jurte, weil in der mongolischen Welt die runde Form sehr wichtig und wertvoll ist. Als oberste Schicht wurden weisse Steine platziert. Dies, weil weiss eine sehr bedeutende Farbe in der Nomadenwelt ist. Weiss sind alle Speisen, die von den Tieren kommen und somit sind sie das höchste Gut der Nomaden und sehr wertvoll.

Zusätzlich wurde im Ovoo ein Weiden-Ast festgemacht damit dort kleine bunte Stofffetzen, als Wunsch-Tüchlein angebunden werden können.

In 13 Schritt Entfernung um den Ovoo wurden 13 kleinere Steinhaufen platziert als Opferstellen, genannt Räucher-Augen. In neun Schritt Entfernung wurde ein grosser Steintisch aufgestellt, dort können Besucher sitzen und auch die Geister finden ihren Platz am Tisch. So besagte der Plan der Geister zum Herrichten des Ovoos.

Jede Familie hat an den 13 Opferstellen, Milchprodukte, Milchschnaps, Schafsbrust und andere Opfergaben hingelegt. Die Obolusse werden über das Feuer transformiert und finden so den Weg in die andere Welt um die Ahnen- und Naturgeister zu erreichen, so glauben die Nomaden, die tief in ihrem Naturglauben verwurzelt sind. An diesem bedeutenden Tag wurde auch ein Pferd zu Ehren des Ovoos «heilig gesprochen». Das heisst, dass die Geister des Ovoos und die des Pferdes verbunden sind und die Geister das Pferd unter Obhut nehmen. Dem Pferd wurden blaue Bänder in die Mähne gebunden und es wurde im reinigenden Wachholderrauch um den Ovoo geführt. Dieses Pferd wurde danach in die Steppe freigelassen und es wird bis zum Lebensende von niemanden geritten und es darf am Ende so sterben, wie die Natur es will ohne Beeinflussung durch den Menschen.

Die Feier zu Ehren der Ahnengeister und des Ovoos

Zum Abschluss der Ovoo Einweihung wurde im Tal ein grosses Fest gefeiert. Selbstverständlich mit den drei mongolischen Nationalsportarten, Ringkampf, Pferderennen und Bogenschiessen. Es wurde Fleisch und Milchtee gekocht und alle wurden reichlich mit den Köstlichkeiten versorgt. Jedes Kind bekam ein kleines Geschenk.

die Geschenke an die Kinder werden verteilt

Die Nomaden wünschen sich, dass die Kinder sich freuen und sagen: «Wenn die Kinder glücklich sind, dann hat es sich gelohnt zu feiern».

Jeder Nomade hat etwas dazu beitragen. Lange sassen sie zusammen, erzählten alte Familien- und Ovoogeschichten und jeder war zufrieden, stolz und glücklich an diesem besonderen Tag.

Das Damaal Volkshaus in Zengel

Damaal Volkshaus in Zengel

Zu Ehren und im Geiste seines Urgrossvaters Daamal hat Galtaikhuu vor einigen Jahren ein Haus in der Bezirksstadt Zengel kaufen können. Er hat es nach und nach als ein Haus des Volkes auf- und umgebaut. Es dient hilfsbedürftigen Nomaden und mittlerweile ernährt es durch die darin angesiedelte kleinen Betriebe (Restaurant, Fremdenzimmer, Frauen-Filzwerkstatt, Friseur, Obhut für Studenten, Lebensmittelgeschäft, Schneiderei) 10 Familien. Gleich gegenüber steht das Klosters Rashdechinlen. Die Galsan Tschinag Stiftung und Open Hearts for Mongolia sind bestrebt das Kloster wieder aufzubauen um sowohl im Daamal Volkshaus wie auch im Kloster eine Begegnungsstätte zum Wohle des Volkes zu errichten. Lesen Sie mehr darüber hier.

Der Himmelswind

Die Nomaden sagen, dass der Himmelswind allen Menschen, egal ob sie in der Nähe oder in der Ferne sind, gute Intensionen, Kraft und Energie vom Ovoo bringt.

Das Fest zu Ehren des Ovoos war für alle Nomaden ein sehr wertvoller Tag, weil jeder für die Ahnen und die Geister Gutes tun konnte, damit diese wohlwollend die Nomaden durch das Jahr begleiten. Ganz besonders jetzt auch in dieser weltweit schwierigen Zeit.

Lassen auch Sie sich von den Impressionen mitnehmen. Möge der Altai-Himmelswind auch Ihnen gut gesinnt sein, dass wünscht Ihnen herzlich

Galsan Tschinag und Sohn Galtaikhuu
Vorstand Open Hearts for Mongolia

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