Barbara Simeon - ganz persönlich | Open Hearts for Mongolia

Barbara Simeon – ganz persönlich

Erlauben Sie mir ein paar sehr persönliche Worte.

Die Nomaden haben es seit ewiger Zeit «begriffen». Wir alle sind Teil der Natur. Alles lebt und ist beseelt, nicht nur die Menschen, auch die Tiere, die Pflanzen, die Steine, die Flüsse und auch alles was wir nicht sehen. Kein Nomade stellt sich der Natur entgegen, sie begreifen sich als Splitter der Natur, sie sind dienend, empfangend, gebend aber niemals beherrschend.

Als im Januar 2019 der Hilferuf eines Nomaden aus dem Altai über ein altes krächzendes Satellitentelefon, das nur kurze Momente am Tag funktionierte, Galtai erreichte, tönte es: «Wieso ist die Natur so zornig zu uns, wir sind am Ende, wir kämpfen seit Wochen, aber wir schaffen es nicht mehr». Damals überzog der schwarze Dzud die Höhensteppe. Eine gefrorene Eisschicht und die grimmige Kälte liess die Tiere nicht an die Weidegräser kommen.

Ich verweilte in dieser Zeit privat in der Mongolei. Wenn man die Kälte nicht scheut, ist die klare kalte Wintersteppe von unbeschreiblicher Schönheit.

In Absprache mit dem Vorstand war sofort klar. Ja, wir helfen und rufen zu Spenden auf. Und Sie, liebe Spender, haben geholfen.

Nach der Vorbereitungszeit und den Spendenaufrufen flogen Galtai und ich aus Ulaan Baatar nach Ölgi. Die kleine Delegation, die bereits dabei war, Futter zu besorgen, erwartete uns. Ich spürte die Geschäftigkeit und gleichzeitig auch die Besonnenheit im Helferteam. Mit dem Fuhrpark, der zur Verfügung stand, war es kein leichtes Unterfangen die 90 km auf der Winterpiste bei -25°C zu meistern. Was tun die Nomaden in solchen Situationen? Sie bitten den Himmel um Hilfe und sprechen Gebete und zelebrieren Rituale. Ich war einerseits Beobachterin und andererseits tief im Geschehen und in Verbundenheit mit den Nomaden.

In dieser grössten Not und der Sorge alles zu verlieren, hat sich keine der Familien bereichert oder versucht den Nachbarn zu übervorteilen. Sie alle leben nach dem Ur-Gesetz der Sippe. Nur wenn es der Gemeinschaft gut geht, wird es auch mir gut gehen. Im Angesicht unserer Natur zu stehen, macht das Ego klein und die Persönlichkeit weise, so kam es mir vor. Wir sind nach vielen Stunden Fahrt am Verteilplatz vor den Nomaden gestanden. Sie alle hatten ihr schönes Sonntags-Gewand angezogen und warteten seit Stunden in der Kälte.  Ein paar der Ältesten sprachen zu uns und ich hörte immer wieder ihr: «Masch Bayerlaa» (grossen Dank). Ich habe diesen Dank aus der Tiefe ihrer Herzen gespürt. Es war mir, als ob sich ein Gefäss in mir mit diesem Dank füllte und sich ergoss und mich völlig überwältigte. Die Tränen flossen, und nicht nur bei mir, und brachten zum Ausdruck, was Worte nicht vermochten. Was den Nomaden Halt, Zuversicht und Hoffnung gab in dieser schweren Zeit, waren neben den Heu- und Kraftfutterspenden die moralische Unterstützung. Auf der anderen Seite der Welt gab es Menschen, die an sie denken und sie nicht allein lassen.

«Das Herz gibt – die Hände lassen nur los» (afrikanisches Sprichwort)

Erfolgreiche Verteilung von Heu und Kraftfutter im Altai bei den Nomaden

So gehe ich in den nächsten Tagen in Gedanken den Weg durch Ölgi von der Beschaffung über den schweren Transport bis zu den Winterlagern und die Verteilung an die Nomaden nochmals Schritt für Schritt durch. Ich kann Ihnen, geschätzte Spender, als Präsidentin versichern, dass jeder Halm und jedes Körnchen wertgeschätzt werden, dass die Zuteilung durch die Ältesten an die Familien angemessen erfolgt. Die Muttertiere und die Jungtiere müssen es bis in den Juni schaffen, dann ist die grösste Gefahr gebannt.

Im Namen der Menschheitsfamilie auf dieser Seite der Welt und in der Mongolei sage ich «Masch bayerlaa». Möge dieses überwältigende Gefühl der Dankbarkeit auch Sie erfüllen. Und mögen viele, viele Tiere im Leben bleiben und die Nomaden zu einer angemessenen Normalität zurückfinden.

Wer möchte, kann hier nochmals den ganzen Bericht lesen

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